Fertig gelesen: Democracy Incorporated

Dies ist ein sehr sperriges Buch, das sich zwar Zeit in seinen Erklärungen nimmt, sich aber andererseits wenig Mühe gibt, seinen Punkt in allgemein verständlicher Sprache zu machen. Wolin erklärt, was er mit dem Begriff “Inverted Totalitarism” meint und beschreibt dann die emergenten Mechanismen, die nach 9/11 dazu geführt haben, wie aus American Superpower eine Corporate Superpower wurde, und wie diese sich mit dem Muster des Totalitarismus anders als dieser an die Macht geschlichen hat und wie sie die Macht genau anders herum als dieser strukturiert.
Wolin definiert Totalitarismus als ein System, wo sich alle Bereiche des Staates, insbesondere auch die Wirtschaft, der Politik unterzuordnen haben und in dem eine Gleichschaltung und politische Dauer-Mobilisierung der Bürger durch die Politik für die Themen der Politik erfolgt.
Er grenzt dazu das “inverted” ab, in dem er das aktuelle System beschreibt. In diesem ordnet sich genau anders herum Politik vollkommen den Interessen der Wirtschaft (den relevanten Teilen davon, also dem “miltärisch industriellen Komplex” von Eisenhower) unter. Außerdem gibt eine politische Demobilisierung der Wählerschaft, also ein gewolltes Desinteresse der Wähler an der Politik, und es gibt keine Gleichschaltung von oben und abweichende Meinungen werden nicht nur toleriert, sondern auch gefördert, solange sichergestellt ist, daß sie kein politisches Gewicht bekommen.
Amorphe, dauerhafte Bedrohungen (“Terror!”, “Ebola!”, “Die organisierte Kriminalität”) sind dabei die Instrumente, mit denen auf die Masse eingewirkt wird, wirtschaftliche Differenzierung (“Wohlstand nur bei Konformität”) die Instrumente, mit denen auf Individuen eingewirkt wird, um eine Einreihung statt einer Gleichschaltung zu erzeugen.
“Democracy Incorporated: Managed Democracy and the Specter of Inverted Totalitarianism ”, Sheldon S. Wolin, EUR 11.54