Fertig gelesen: The Lean Startup

The Lean Startup , Eric Ries, EUR 10.99
Das Buch “The Lean Startup” von Eric Ries wurde mir von Johann-Peter Hartmann und den anderen Maiblümchen als Antwort auf meinen Froscon-Vortrag dieses Jahr geschenkt, damit ich mich nicht mehr so alleine fühle. :-) In der Tat beschreibt Ries eine ganze Reihe von Firmen, die in einem Umfeld extremer Veränderung und Unsicherheit agieren - das ist Ries' Definition von Startup, und die kann auch recht große Firmen oder Behörden abdecken. Sie beschreibt auch mein Arbeitsumfeld recht gut.
Ries fragt sich, mit welchen Methoden Firmen in den Quadranten des Cynefin-Modells agieren können, die von “Simple” (Es existiert eine Best Practice und ein quantitativer Prozeß zu ihrer Einhaltung und Verbesserung) verschieden sind. Es geht also darum, wie ein Startup in sich verändernden, unbekannten oder unentwickelten Märkten herausfinden kann, welche Dienste oder Produkte einem Kunden bezahlenswert erscheinen. Hat eine Firma diesen Markt gefunden, geht es weiter darum, wie man diesen Markt wachsen lassen kann bzw. in diesem Markt wachsen kann.
Er kommt zu dem Schluß (und belegt diesen), daß Firmen in Startup-Situationen experimentieren müssen, ja, daß dies die wichtigste Kommunikation mit dem Kunden ist. Firmen müssen aus diesen Experimenten Lehren für ihre Produkte oder Dienste ziehen, und diese dann in der nächsten Iteration umsetzen. Nach Ries ist es dabei sehr wichtig, früh, viel und schnell zu experimentieren - und dies ist in einer Startup-Situation wichtiger, als ein vollständiges, korrektes oder durchentwickeltes Produkt zu haben.
Er führt eine ganze Reihe von Beispielen auf, in denen Firmen Geld, Zeit und Personen in die Entwicklung von Produkten gesteckt haben, die dann am Markt nicht funktioniert haben. Fehler sind um so leichter, schneller und billiger zu korrigieren, je früher die Phase der Produktentwicklung ist, in der sie erkannt werden. In unsicheren oder unreifen Märkten ist es daher wichtig, als Erstes mit dem Kunden zusammen das Produkt zu testen und es dann erst mit traditionellen Methoden fertig zu stellen (Testing in Production kann dabei helfen). So kann man sicherstellen, daß die begrenzten Engineering-Kapazitäten des Startups nur auf Produktiveränderungen angewendet werden von denen schon bewiesen ist, daß sie sich positiv auf das Geschäft auswirken werden.
Dabei legt Ries großen Wert darauf, nicht blind zu testen, sondern das corporate learning durch Experimente zu messen und zu validieren, die nicht-monetäre Wertschöpfung eines Startups also quantifizierbar zu machen, da diese Metriken Investoren oder Stakeholders Instrumente an die Hand geben, erfolgreiche von nicht erfolgreichen Startups zu unterscheiden, auch wenn diese noch keinen Gewinn machen. Ries mißt dazu Dinge wie verbesserte Conversion, Adoption Rates oder andere wichtige Metriken, die zeigen, daß sich das Unternehmen in seinem Zielmarkt besser bewegt, weil es jetzt mehr darüber weiß.
Auf der Grundlage dieser Metriken kann die Unternehmensführung dann entscheiden, wie mit dem Produkt oder Dienst zu verfahren ist (“Pivot or persevere” - Ändern oder weitermachen). Wenn ein Startup einen Pivot durchführt, also grundlegende Änderungen am Produkt oder eine Strategieänderung notwendig sind, dann ist dies eine Entscheidung, die oft schwer zu kommunizieren ist. Also gibt Ries eine Reihe von Hinweisen, wie Pivotpunkte zu erkennen, zu klassifizieren und erfolgreicher zu kommunizieren sind.
Abschließend konzentriert sich Ries dann darauf, den dargestellten Forschungsmechanismus zu institutionalisieren und zu beschleunigen, und dabei die Lerngeschwindigkeit der Firma meßbar zu machen.
Alles in allem ein faszinierendes Buch, bei dem man sich zwar durch den iterativen amerikanischen Lehr- und Erklärstil durchbeißen muß, das aber eine ganze Menge Dinge in Perspektive setzt, mit denen ich in den letzten Jahren täglich zu tun hatte.