Politik, Polemik und eine Agenda.

isotopp image Kristian Köhntopp -
April 27, 2009
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Es begann als Kommentar in diesem Blog, aber ich mach jetzt einmal einen eigenen Artikel draus. Der URL-Sturm Medien und Politik erzeugte diese Anmerkung:

Wie kann “‘Es sind die Fans, die ein Medium am Ende umbringen.’ (Fansub-Diskussion mit der Katze und Dirk)” das Fazit der Meldung sein, dass die, die angeblich das Medium umbringen indem sie nicht zahlen eben doch zahlen? Das bedeutet doch gerade, dass die virtuellen Einnahmensverluste durch reale Einnahmenssteigerungen wieder aufgewogen werden.Gruß

Das ist kein Fazit, sondern eine Notiz von mir zu dieser Meldung. Darum die einfachen Anführungszeichen da drum.

Hier der Rest vom Rant:

Die Notiz bezieht sich auf ein Gespräch mit Frau Katze und Dirk - Dirk arbeitet hier in Berlin bei einem Anime- und Geekfilmverbreiter. Unser Gespräch kam auf Fansubs und Fan-Übersetzungen. Genannt wurde etwa das MapReduce mit Menschen , das Harry Potter binnen kürzester Zeit ins Deutsche übersetzt hat und der Fansub zu Pretty Guardian Sailor Moon Liveaction (PGSML), der mit seinem Übersetzungen japanischer Schilder und (*)-Fußnoteneinblendungen mit kulturellem Kontext Maßstäbe setzt.

Beide Projekte sind auf eine unterschiedliche Weise weitaus besser und schneller als jeder kommerzielle Ansatz auf dem Gebiet es jemals sein könnte. Das ist spürbar - Dirk gab zu Bedenken, daß zu gutes Fansubbing in den USA Läden umgebracht hat.

Es sind die Fans, die den Kram kaufen, wie die Studie korrekt feststellt. Aber die quantitative Analyse von Studien greift naturgemäß zu kurz und hinkt den anekdotischen Erkenntnissen vieler Insider hinterher: Selbst wenn die Fans den Kram kaufen, sind es gerade die größten Fans, die am Ende von der Qualität enttäuscht sind. Es wäre qualitativ besser geworden, hätten sie es selber gemacht!

Ein anderes Beispiel für eine sich entwickelnde Fankultur, die sich vom originalen Produkt emanzipiert statt es zu überholen, ist das Projekt Iron Sky, das sich auch Fanfinanziert. Die Iron Sky Leute sind interessant: Wie Fansubs und Übersetzungen haben sie zuerst existierenden Content veredelt . Iron Sky ist jedoch ein Schritt darüber hinaus: Statt weiter mit den Figuren zu spielen, die andere imaginiert haben, ist Iron Sky jetzt ein Fanprojekt, das originale Inhalte erzeugt.

Was wir sehen ist das Aufeinandertreffen etablierter Strukturen in der Publikation - Bücher, Filme und auch Musik sehe ich da nur als Ausprägungen einer einheitlichen Tradition - mit der partizipatorischen Kultur des Internets.

Traditionelle Publikation unterscheidet Sender und Empfänger, Produzenten und Käufer. Am Schlimmsten finde ich den Ausdruck des Kulturschaffenden im Gegensatzpaar mit Verbraucher, als ob ich Kultur verbrauchen oder gar zerstören würde, wenn ich etwa ein Buch lese oder Musik höre. Leute die Worte wie ‘Kulturschaffender’ verwenden sagen auch Enteignungsmaschine Internet .

Dem gegenüber steht die Kultur der Leute, die mit dem Internet groß geworden sind. Für sie gibt es diese Hierarchien und die Trennung nicht mehr. Kultur ist nichts, was man publiziert und das dann in Mediatheken vor sich hin sedimentiert Eine Veröffentlichung ist für diese Leute etwas zum Verarbeiten, zum Verbessern, zum Verändern, zum Verknüpfen, zum Kommentieren, und auch zum Verbreiten.

Projekte wie HaD, PGSML Fansub oder auch Star Wreck und Iron Sky sind das Resultat der Anwendung dieser Auffassung vom Umgang mit Medien. Sie verändern die Auffassung einer ganzen Generation für Begriffe wie Urheberrecht, Schöpfungshöhe, schöpferischer Beitrag und ja, sie vernichten bestehende, zum Teil jahrhundertealte Strukturen. Das ist so, wenn man etwas Neues macht oder ist.

Was wir sehen ist der Versuch der digitalen Immigranten , Internetausdrucker und letzten Menschen , den Lauf der Welt aufzuhalten oder doch zumindest die Richtung ein wenig zu beeinflussen.

Ich glaube nicht, daß man den Lauf der Welt betreffend Internet und Copyright aufhalten oder auch nur nennenswert beeinflussen kann, denn die partizipatorische Struktur der Internetkultur ist eine emergente Eigenschaft , die sich aus mittlerfreier Kommunikation zwangsläufig ergibt - die meisten Menschen sind echte Helden und wenn man ihnen die Gelegenheit gibt, die Welt als Ganzes mit niedrigen Transaktionskosten zu verbessern, dann tun sie es auch.

Die einzige Möglichkeit überhaupt Einfluß zu nehmen besteht darin, diese Mittlerfreiheit einzuschränken. Und da sind wir wieder bei Zensursula.

Jeder Angriff auf die mittlerfreie Kommunikation - sei es durch Filter, durch ‘Three Strikes and you are out’ und andere Methoden - ist ein Angriff auf die Seele des Internet und die Kultur der neuen Generation selbst: Die Piratenpartei ist mehr, weit mehr(!) als eine Zusammenrottung von ein paar Filmkopierern. Sie ist eine politische Ausprägung des Überlebenswillens des Internet selbst als Institution und Mem mit bestimmten characteristischen Eigenschaften. Sie ist gleichzeitig der politische Arm der Eingeborenen des Internet, der Leute, die vernetzt und in einer kooperativen und partizipatorischen Umgebung groß geworden sind.

Und daher sollte der politische Nachtrag vielleicht nicht abschließend sein, wie Erdferkel schreibt. Stattdessen überlege man, ob man sich an dem Namen wirklich so stört, ob man sich das nicht vielleicht egal sein lassen sollte und ob man nicht vielleicht doch zum ersten Mal in seinem Leben politisch aktiv werden will . Siehe auch Piratenpartei: Mithelfen! und Piratenpartei: Mitglied werden!

Disclaim! Disclaim! Dieser Artikel ist ein Rant. Die Links in ihm sind Darmokros (WTF Darmokros ?) und höchst subjektiv. Do not read while under the influence or while stupid.

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