Von der GPL

Trolltech hat seine Qt Bibliothek ab der Version 4 komplett unter GPL gestellt. Das bedeutet, daß nicht nur die Unix-Version der Bibliothek unter der GPL verfügbar ist, sondern auch die Windows-Version. Grund genug einmal nachzulesen, was denn in der GPL drinsteht, und wieso das so ist.
Die Originalquelle zum Thema ist natürlich die Licenses -Seite der GNU Website (Deutsche Version der GPL ). Dort findet man nicht nur den Text der Lizenz , sondern auch eine sehr lange GPL FAQ , die keine Frage mehr offen lassen sollte. Groklaw hat ebenfalls eine sehr gute GPL References Page .
Was steht denn nun in der GPL?
Die GPL ist eine Lizenz. Eine Lizenz ist eine Erlaubnis, kein Vertrag. Die GPL erlaubt es einem Anwender, ein Stück Code zu benutzen. Wenn der Anwender das Stück Code nutzen möchte, muss er die Lizenz und die Bedingungen der Lizenz akzeptieren. Die Bedingungen der Lizenz legen fest, unter welchen Vorbedingungen die Erlaubnis zur Nutzung des Codes durch den Anwender erteilt wird. Werden die Vorbedingungen verletzt, erlischt die Erlaubnis zur Nutzung.
Darum ist es wichtig, sich diese Vorbedingungen und die Konsequenzen beim Verstoß gegen diese Vorbedingungen genau anzusehen.
Paragraf 0 der GPL legt fest, auf was sich die Lizenz erstreckt und was die Begriffe “Programm” und so weiter in der folgenden Lizenz erstrecken. Wenig überraschend sind das alle Dateien, die mit dem betreffenden Lizenzvermerk markiert worden sind.
Es wird auch festgelegt, welche Erlaubnisse die Lizenz erteilt - nämlich die Vervielfältigung, die Verbreitung und die Bearbeitung bzw. Veränderung des Programmes. Insbesondere nimmt die Lizenz die Ausführung des Programmes aus - sie wird nicht eingeschränkt. Ebenso erstrecken sich die Bedingungen nicht auf die Ausgabe des Programmes, sofern sie nicht wieder ein Programm sind - was nur bei Programmgeneratoren der Fall ist.
Der folgende Paragraf 1 erlaubt dem Anwender dann beliebig unveränderte und vollständige Kopien des Programmes anzufertigen und weiterzugeben. Besonderer Wert wird dabei darauf gelegt, daß dabei auch der rechtliche Rahmentext mitkopiert wird, also die Urheberrechtsnotiz, die Lizenz und die Hinweise auf die Lizenz und der Haftungs- und Garantieausschluss. Ausdrücklich erlaubt wird dabei, Geld für die Erstellung der Kopie zu nehmen und ggf. zusätzliche Garantien für eine Extragebühr anzubieten.
Diese Klausel erlaubt es also dem Anwender, das Programm als Ganzes weiterzugeben, aber sie erlaubt noch keine Veränderung oder Weiterentwicklung des Programmes. Wäre dies die ganze GPL, säßen wir noch immer mit Linux 0.01 und lustigen “AAAAA” und “BBBB”-Buchstabenreihen auf dem Bildschirm da, und niemandem wäre geholfen.
Es ist Paragraf 2, der die Veränderung des Programmes erlaubt, die Weitergabe des veränderten Programmes erlaubt, und die Bedingungen dafür festlegt: Die Dateien müssen als geändert markiert sein, und Änderung und Datum der Änderung müssen erkennbar sein, das geänderte Programm muss Dritten gegenüber vollständig und unter den Bedingungen der Originallizenz wieder zur Verfügung gestellt werden und das Programm muss bei seinem Start auf seine Lizenz, den Garantie- und Haftungsausschluss und die anderen rechtlichen Rahmenparameter hinweisen, soweit dies möglich ist.
Der Abschnitt enthält auch Schrankenbestimmungen, die ein wenig verwirrend formuliert sind - “Identifizierbare Teile, die nicht vom Programm abgeleitet sind” und “Zusammenlegen mit anderen Programmen auf einem Speicher- oder Vertriebsmedium”.
Die Schrankenbestimmungen sollen bewirken, daß sich die GPL nur auf ein Programm und die zu seiner Ausführung notwendigen Bibliotheken erstreckt, aber nicht auf andere Programme, mit denen unser Programm zusammenarbeitetet und sie sollen bewirken, daß Programme unter der GPL mit anderen Programmen zusammen in einer Distribution verbreitet werden können.
So ist SQL Relay zum Beispiel ein eigenständiges Programm, das die unter der GPL stehenden Bibliotheken von MySQL 4.x verwenden kann. Wenn es diese Bibliotheken einbindet, muss es selber auch unter der GPL stehen - es ist ein abgeleitetes Werk im Sinne der GPL und nicht von der unter der GPL stehenden Komponente - den Bibliotheken - getrennt.
Ein Client kann jedoch das SQL Relay ansprechen und über Netz mit ihm kommunizieren. Er ist ein getrenntes Programm, das vom SQL Relay verschieden ist und mit ihm keinen gemeinsamen Adressraum teilt. Daher erstrecken sich Bedingungen der GPL nicht auf dieses Programm und es kann unter einer anderen Lizenz stehen.
Es ist auch möglich, SQL Relay etwa zusammen mit Oracle auf einer CD zu verteilen (vorausgesetzt die Lizenz von Oracle erlaubt diese Weiterverbreitung auch). Da dies nur ein Zusammenlegen auf einem gemeinsamen Medium ist, erstrecken sich die Bedingungen auch nicht auf das auch auf der CD befindliche Oracle.
Paragraf 3 bezieht sich dann auf den Quelltext, aus dem das Programm erstellt wird. Die GPL versteht unter dem Quelltext die Dateien in einer Form “die für Bearbeitungen vorzugsweise verwendet wird” und verlangt, daß man alle Dateien weitergibt, die für die Reproduktion des ausführbaren Programmes erforderlich sind. Die GPL verlangt nun, daß man
ENTWEDER den Quelltext mit dem Programm maschinenlesbar auf einem “üblichen” Medium mitliefert,
ODER statt des Quelltextes ein drei Jahre lang gültiges Angebot mitliefert, den Quelltext in einer solchen maschinenlesbaren Form zu den nominalen Kosten für die Erstellung von Kopien nachzuliefern,
ODER das Angebot weitergibt, daß einem die Upstream-Quelle für den Quelltext gemacht hat (diese Option kann man aber nur verwenden, wenn man das Programm nur als Binary erhalten hat, nicht verändert hat und man es nicht-kommerziell weitergibt)
In § 6 weiter unten steht dann, daß man mit der Weitergabe des Programmes auch die Lizenzrechte am Programm weitergibt, ohne sie einzuschränken oder zu verändern.
3 und § 6 sind die Kernbestimmungen der GPL.
Sie stellen sicher, daß die Personen, die das Programm von uns erhalten haben, mit dem Programm genau dasselbe machen können (§ 3: sie haben alle notwendigen Informationen dazu) und machen dürfen (§ 6: sie haben alle notwendigen Rechte dazu), was wir auch können und dürfen.
Sie ist zugleich den Spielern im kompetitiven Feld ein mächtiger Dorn im Auge. Andere Lizenzen, etwa die Apache License, die BSD License und andere haben eine solche Bedingung nicht. Dort kann man den Code nehmen, verändern und das veränderte Programm als Binärprogramm weitergeben, muss jedoch den veränderten Code nicht herausgeben.
In den Augen der Autoren der GPL ist das ein Fehler in diesen anderen Lizenzen. Brendan Scott erklärt sehr schön, wieso diese Bestimmung der GPL wichtig ist. In The Forkin’ Fallacy definiert er, was ein Fork eines Projektes ist (eine neue Version auf der Basis einer von der ursprüngliches Codebasis abgespaltenen und geänderten Codebasis) und warum dies bei einer Lizenz wie der GPL kein Problem ist. Da unter der GPL alle Änderungen wieder öffentlich zugänglich gemacht werden müssen, können sich die verschiedenen Forks untereinander befruchten und Code austauschen, wenn sie dies wünschen. Sie können also jederzeit ganz oder teilweise wieder zusammenfließen.
Forks sind nur dann ein Problem, wenn die ursprüngliche Codebasis in mehrere Kopien zerfällt, die sich unterschiedlich entwickeln und untereinander keinen Code tauschen können. Brendan Scott nennt in seinem Text die UNIX wars als Beispiel für solche schädlichen Forks. David Wheeler führt den Gedanken in Make Your Open-Source-Software GPL-Compatible. Or Else. noch weiter aus.
Die anderen Abschnitte der GPL regeln dann rechtlichen Rahmenkram, oder weisen auf einige selbstverständliche Details noch einmal ausdrücklich hin. So sagt § 5 beispielsweise “Man muss die GPL nicht anerkennen, aber wenn man es nicht tut, kann man die unter der GPL stehenden Programme halt gar nicht nutzen.” und § 7 besagt sinngemäß: “Es gibt keine Ausnahmen: Wenn uns andere Gründe (Verträge, Urteile, Patente oder was auch immer) hindern, die Bedingungen der GPL zu erfüllen, dann können wir unter der GPL stehende Programme halt nicht nutzen.” und die GPL endet mit einem Haftungs und Garantieausschluss.
In Why I love the GPL schreibt Joe Barr, warum die GPL genau diese Form hat und greift damit noch einmal das Thema der Kernbestimmungen der GPL auf: Die GPL hat die Aufgabe, den Code (nicht den Programmierer!) zu schützen und jedem Anwender des Codes vier Freiheiten zu erhalten:
- Die Freiheit, das Programm zu jedem Zweck auszuführen.
- Die Freiheit, das Programm und seine Funktionsweise zu studieren und anzupassen.
- Die Freiheit, das Programm weiterzugeben.
- Die Freiheit, das Programm nach Belieben zu verändern.
Anders als etwa die BSD Lizenz will die GPL diese Freiheiten jedem Anwender des Codes erhalten und darum verlangt die GPL, daß auch Änderungen am Code wieder unter der GPL stehen. Joe Barr verweist dann auf eine Reihe von Beispielen, in denen BSD Code von einem kommerziellen Projekt integriert, modifiziert und dann verschluckt wurde - die Änderungen waren für alle anderen Anwender verloren.
In gewisser Weise ist die GPL also eine Lizenz der kooperativen Sphäre (siehe Ein paar ideologische Steine ins Rollen bringen ), aber eine wehrhafte solche. Sie zwingt die Nutzer der GPL dazu, nach den Regeln der kooperativen Sphäre zu spielen. Verstößt ein Spieler gegen diese Regeln, wird er bestraft (Tit for Tat , The Evolution of Cooperation ). Die Strafe ist in diesem Fall ein Erlöschen der Lizenz und damit ein Ausschluss aus der kooperativen Sphäre - damit erlischt der Zugriff auf jede Menge Code der kooperativen Sphäre (noch einmal Make Your Open-Source-Software GPL-Compatible. Or Else. ).
Was passiert, wenn ich Code, der unter der GPL steht, in mein Programm einarbeite, und dann gegen die Bedingungen der GPL verstoße? Verliere ich alle Rechte an meinem eigenen Code und werde ich gezwungen, diesen unter der GPL zu öffnen und weiterzugeben?
Nein.
GNU GPL in Deutschland zeigt, was passiert, wenn ein Hersteller gegen die GPL verstößt. Ihm kann die Weiterverbreitung seines Produktes so lange untersagt werden, wie er gegen die GPL verstößt. Er kann diesen Zustand abstellen, indem er entweder allen GPL-Code aus seinem Produkt entfernt, oder indem er den Bedingungen der GPL nachkommt, und den Quelltext zu seinen Änderungen im Rahmen der Schrankenbestimmungen von § 2 und § 3 veröffentlicht. Die Wahl, welche Lösung des Lizenzkonfliktes hier vorgezogen wird, liegt jedoch beim Hersteller. Er kann nicht gegen seinen Willen gezwungen werden, Source offenzulegen und freizugeben. Die GPL ist nicht viral. Sie ist nur fair.